9 inspirierende Mischnutzungsprojekte (1/3)

27. Juni 2022

Stadtzentren müssen sich verändern, um attraktiv zu bleiben. Mischnutzung von Immobilien sowie wandelbare Retail-Konzepte können eine Lösung sein. In unserer dreiteiligen Serie stellen wir inspirierende Projekte vor.

«Es muss ein Ort der Begegnung und des Austausches geschaffen werden», antwortete Architektin Sabine Marinescu in unserem Interview zum Thema «Zukunft von Messen» auf die Frage, wie physische Messen Bestand haben können. Auch für die Attraktivität des urbanen Raumes ist die Möglichkeit, einander zu begegnen und Verschiedenes zu erleben, von grosser Wichtigkeit. 

Immobilien und Gewerbeflächen mit zwei oder mehr Nutzungszwecken wirken gegen die Verödung, fördern die Entstehung vielgestaltiger Nachbarschaften und beleben die Umgebung. Kreative Mischnutzungen – wir beziehen den Begriff hier sowohl auf ganze Gebäude als auch auf einzelne Retailflächen – können also die Grundlage für eine abwechslungs- und erlebnisreiche Freizeitgestaltung bilden und einer immer diverseren Bevölkerung mit ebenso vielschichten Bedürfnissen Rechnung tragen.

Rund um die Welt finden sich Projekte, die einen hybriden Ansatz verfolgen – mal im Kleinen, mal in grossem Umfang gedacht und umgesetzt. Wir haben uns umgesehen und viel Inspirierendes gefunden. So viel, dass wir uns entschieden haben, die ausgewählten Projekte in drei Blogs vorzustellen. Der zweite Teil erscheint im August, der dritte im Oktober.
 

TGY Multibrand-Fashion- und Event-Store, Shenyang, China

Das in Beijing ansässige italienische Architektenduo Marcella Campa und Stefano Avesani von STUDIO RAMOPRIMO hat mit dem Multibrand-Fashion- und Event-Store für The Greatest You (TGY) einen Treffpunkt für Modeliebhaber*innen, Kreativ-Schaffende und Lifestyle-affines Publikum geschaffen. Hier finden auf einer 600 Quadratmeter grossen Fläche ein Modeshop, ein wandelbarer Veranstaltungsbereich mit Ausstellungsfläche, ein Café, ein Beautycenter sowie ein Blumenladen zusammen.

Geschwungene Formen prägen das Layout, dazu gehören auch gebogene Stahlwände. Sie interagieren durch ihre Oberflächenbeschaffenheit mit jedem sich verändernden Element, indem es Formen und Farben reflektiert. Am Boden sorgen Reflexionen des weit verzweigten Beleuchtungsnetzes für zusätzliche Lebendigkeit. 

Ein drehbarer Raum im Eingangsbereich dient als flexible Bühne für Ausstellungen und Modeshows. Dank Lentikulartechnik wechselt ein riesiger Stadtplan von Shenyang im Cafébereich je nach Betrachtungswinkel die Farbe. Zwischen den beiden Hauptbereichen – Shop und Café – gibt es Platz für Laufstege.

LocHal, Tilburg, Niederlande

Mit dem Umbau eines ehemaligen Eisenbahndepots aus den 1930er-Jahren haben Civic Architects aus den Niederlanden ein Stück lokaler Industriegeschichte bewahrt. LocHal ist das preisgekrönte Ergebnis einer Kollaboration mit den Amsterdamer Architekten mit Braaksma & Roos Architectenbureau aus Den Haag und Inside Outside/Petra Blaisse, ebenfalls aus Amsterdam. 2019 wurde das Gebäude vom World Architecture Festival zum «World Building of the Year» gekürt. 

Die imposante Industriehalle, die schon aus der Ferne durch ihre Grösse von 90 mal 60 Meter und einer Höhe von 15 Metern beeindruckt, ist vielseitig nutzbar; sie dient heute als vielfältiger Raum für Kultur und Begegnung. Im Gebäude befinden sich eine öffentliche Bibliothek mit Forschungslaboratorien, diverse Co-Working-Bereiche und Konferenzräume sowie eine Veranstaltungshalle. Ausserdem bietet das 11'200 Quadratmeter grosse Grundstück ausreichend Platz für Ausstellungen und Vorträge. Eine zukunftsweisender Weg, Lokalgeschichte vor dem Vergessen zu bewahren.

Markthal, Rotterdam, Niederlande

Die Markthal ist eine 2014 entstandene, zukunftsorientierte Kombination aus Gastronomie, Freizeit, Wohnen und Parking. Das in Rotterdam ansässige Architektenteam von MVRDV hat – gemäss seines Anspruchs auf eine bessere Zukunftsentwicklung von Städten – ein Gebäude geschaffen, das viele Funktionen in sich vereint. 

Der Bau befindet sich im historischen Laurenskwartier im Herzen von Rotterdam und besteht unter anderem aus 228 Wohnungen, die in einem grossen Bogen untergebracht sind. Darunter befindet sich eine moderne Interpretation des traditionsreichen Marktplatzes. Was tagsüber eine zentrale Markthalle mit 96 Ständen, frischen Lebensmitteln und Ladeneinheiten ist, bleibt auch nach Geschäftsschluss dank verschiedener Restaurants und Cafés belebt.

In diesem hybriden Gebäude mit einer Gesamtfläche von 95’000 Quadratmetern und 1’200 unterirdischen Parkplätzen kann eingekauft, gegessen, angestossen, gewohnt und parkiert werden – die Markthal bringt sämtliche urbanen Bedürfnisse unter einen Hut, oder eben unter einen Bogen.

(Header-Bild und Bild auf der Blog-Übersicht: Markthal Rotterdam © Daria Scagliola & Stijn Brakkee)

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